Wir gehen tanzen

Zum Tanz geht, wer den Tanz liebt und - wer tanzen kann! Wer aber noch ein wenig stümperhaft ist auf diesem Gebiet, der übe, bevor er sich der öffentlichen Kritik aussetzt und den Tanzpartner (die Partnerin) verärgert.

Tischwahl

Nicht immer hat man einen Tisch für sich allein. Man bittet also die bereits Dasitzenden höflich, Platz nehmen zu dürfen. Es ist nicht nötig, sich dabei vorzustellen. Später allerdings, wenn man mit den Tischgefährten ins Gespräch gekommen ist, darf der Herr sich vorstellen sowie seine eventuelle Begleiterin. Die übrigen erwidern die Vorstellung selbstverständlich.

Aufforderung

Jeder darf mit jedem tanzen oder doch jede auffordern. Der Herr, der in Damenbegleitung kam, wird sich seiner Partnerin natürlich häufiger widmen als anderen. Der erste Tanz gehört ihr ganz bestimmt. Danach darf er - nachdem er sich vor dem jeweils begleitenden Herrn verneigt und somit die Bitte um Erlaubnis angedeutet hat - mit anderen tanzen. Aber nur ab und zu und nicht immer mit derselben. Das wäre kränkend für seine Begleiterin, die ihrerseits selbstverständlich auch mit anderen tanzen darf. Möchte sie dies nicht, darf sie sich bei dem vor ihr verneigenden Herrn höflich bedanken. Eine Aufforderung zum Tanz birgt also durchaus nicht die Verpflichtung in sich, sie anzunehmen! Es ist zwar noch selten, daß Damen die Herren - außer bei Damenwahl - zum Tanz auffordern, aber im Zeichen der Gleichberechtigung begeht eine so mutige Dame keinen Fauxpas, wenn sie es tut.

Tanzfläche

Ist der Saal überfüllt geht der Herr, um einen Weg zu bahnen, der Dame voran. Sind nur wenige Schritte bis zur Tanzfläche zurückzulegen, kann er ihr den Vortritt lassen. Bei längerem "Anmarsch", jedoch sollte er sie darum bitten, vorangehen zu dürfen. Er stellt dadurch gleichsam einen Schutzschild dar, der lästige und allzu neugierige Blicke von ihr ablenkt.

Gespräche

Beim Gesellschaftstanz unterhält man sich. Meist beginnt der Herr das Gespräch. Bei seiner Frau, Braut oder Freundin wird ihm das nicht schwerfallen. Bei weniger bekannten oder völlig fremden Damen vermeidet er plumpe Scherze, unzweideutige Annäherungsversuche und neugierige Fragen, die Person der Dame betreffend. Es gibf genug neutrale Themen. Er darf nicht nur Fragen stellen, er soll es sogar, um der Dame Gelegenheit zu geben, ihrerseits ins Gespräch zu gelangen. "Lieben Sie moderne Musik?" wäre so eine Frage. "Wo waren Sie im letzten Urlaub?" setzt vielleicht ein sehr lebhaftes Gespräch in Gang. Während des Tanzes dreht er nicht den Kopf nach anderen Damen. Er widmet sich ausschließlich seiner Tanzpartnerin.

Nach dem Tanz

Nach dem Tanz geleitet der Herr die Dame bis an ihren Platz zurück, schiebt ihr den Stuhl zurecht und verabschiedet sich erst, nachdem sie sich gesetzt hat.

Tanzlokale der Jugend

Ein bißchen anders geht es in Tanzlokalen zu, die ausschließlich von der Jugend besucht werden. Hier kann man beobachten, daß ein junger Mann ein Mädchen einfach durch eine Handbewegung und lautes "He" auffordert, daß er sie bei der Hand nimmt und zur Tanzfläche zieht oder auch umgekehrt. Sehr guter Stil ist das zwar nicht, wenn es aber in diesem Lokal allgemein so üblich ist warum nicht? Beim niveauvollen Tanzvergnügen beweist so ein junger Tolpatsch dann, daß er auch anders - und zwar besser! kann.

Herzensbrecher

Niemals jedoch macht man bei einem Tanzvergnügen, gleichviel welcher Art, den Versuch, einem Herren seine Dame abspenstig zu machen. Wer glaubt, sich als Don Juan betätigen zu müssen, der wird außerhalb des Tanzsaales hierzu Gelegenheit finden.

Quelle: "Der gute Ton - Ein moderner Knigge" von Irmgard Wolter, Niedernhausen. Falken-Verlag 1982


Auffordern

Man kann die Dame natürlich mit einem kurzen Ruck vom Stuhl reißen. Gerade die nettesten lassen sich jedoch beim Auffordern nicht gern als "tanzbarer Gegenstand" behandeln. Daher macht der Herr besser eine Verbeugung.
Sieht die Dame den auffordernden Herrn sofort, wie zum Beispiel im kleinen Kreis, so braucht er nur eine Verbeugung zu machen. Wenn die Dame jedoch gerade "in der Gegend herumguckt" oder sich mit ihrer Freundin unterhält, so macht er mit den Worten "Darf ich bitten?" auf sich aufmerksam.
Sitzen ältere mit am Tisch, verbeugt er sich mit den Worten "Gestatten Sie?" erst in die Runde und wendet sich dann der Dame zu, die er auffordern möchte.
Es sieht besser aus, wenn die Dame ihm durch Neigen des Kopfes dankt, als wenn sie nur "große Augen macht", nur "nickt" oder etwa "Okay" sagt.
An einem Tisch, an dem Bekannte zusammensitzen, ist die bisherige Regel, nach der allein die Herren zum Tanzen auffordern, aufgehoben. Selbstverständlich wird die Dame eine zur Zusammensetzung des Kreises passende Form des Aufforderns wählen. Sie braucht dabei nicht aufzustehen.
Auffordern sollte man außerhalb der Tanzschule nur zu Tänzen, die man wirklich tanzen kann. Ein Nichtschwimmer kommt ja wohl auch nicht auf den Gedanken, sich mit einer Schwimmerin ins Tiefe zu stürzen.

Quelle: "Nobody is perfect" Hans-Georg Schnitzer Verlag Köln, Illustration: Vadim Gehrke